Massentourismus und „hartes Reisen“

Nach dem 2. Weltkrieg setzte sich das fort, was vorher nur in sehr spärlicher Form vorhanden war, der Besuch von fremden Ländern, Städten und Regionen nur um Ferien oder Urlaub zu machen. Mit dem rasanten Wirtschaftsaufschwung der 50er-Jahre konnten so eine Vielzahl von Leuten es plötzlich sich leisten, im Jahresurlaub die heimische Region zu verlassen und mit dem Auto, Zug oder Bus gen Süden zu fahren. Damit entwickelte sich der Tourismus zum Azoren Insel Sao MiguelMassenphänomen. In den 60er- und 70er-Jahren wurde dann das neue Verkehrsmittel des Massentourismus das Flugzeug bzw. der Düsenjet, Ziele wie Mallorca, die kanarischen Inseln aber auch die Azoren wurden nun nicht mehr nur von exklusiven Gästen angesteuert. Einige Kritiker prägten für diese Phase den Begriff „Hartes Reisen“: eine große Gruppe wenig vorgebildeter Touristen (Touris) strebt ungeduldig und rücksichtslos dem touristischen Ziel entgegen. Für diese Sprachunkundigen ist alles schon pauschal geplant. So ist es dann kein Witz, wenn der Mallorca-Urlauber nach Hause schreibt: „Das Wetter ist hier toll, nur die ganzen Spanier stören.“ Heute zählt die Tourismusindustrie zu den wichtigsten Wirtschaftsbereichen und dient in etlichen randständigen Regionen die Haupteinnahmequelle der Wirtschaft: Inseln wie Gomera oder die Azoren wären ohne Tourismus praktisch nicht mehr lebensfähig.Sanfter Tourismus und Individual-ReisenDie letzte Aussage bestimmt auch immer noch die These, dass Reisen in ferne unerschlossene Regionen eine Form der Entwicklungshilfe darstellt. Doch bereits Ende der 60er-Jahre wurde durch die linke Gesellschaftskritik diese These bestritten. Robert Jungt und Jost Krippendorf entwickelten als Gegengedanken zum Harten Tourismus den Sanften Tourismus: Man solle darauf achten, dass

· einheimische Bürger und Initiativen an der Planung und nützlichen Gestaltung der Urlaubsanlagen umfassend beteiligt werden.

· ein Gleichgewicht zwischen Entwicklung und Tourismus herbeigeführt wird.

· Gesundheit, Versorgung und Ausbildung der Bewohner Vorrang vor den Wüschen und Forderungen der Touristen haben müssen.

· das Profite aus dem Tourismus überwiegend im Land zur Entwicklung der Infrastruktur und der Förderung des Naturschutzes dienen sollen.

· einheimische Arbeitsplätze zu fairen Bedingungen entstehen sollen.

Als Individualtourist im Sanftem Tourismus sollte man folgende Regeln beachten:

· Benutze und verbrauche vorwiegend Produkte, die vor Ort hergestellt und angeboten werden!

· Pflege kein Luxusleben, dass sich krass vom Leben der Einheimischen abhebt!

· Nutze überwiegend die öffentlichen Verkehrsmittel wie Bus, Taxi, Bahn!

· Informiere Dich vorher und während der Reise gründlich über das Reiseziel, die Region und das Land.

· Beachte die Etikette des Landes und seiner Bewohner!

· Baue Kontakt zu Einheimischen auf (möglichst in deren Sprache), und befasse Dich mit deren Kultur!

Alle Kriterien zu erfüllen ist sowohl für die Tourismusanbieter wie für die Touristen schwierig. Aber wer Urlaub auf den Azoren macht, kann in einzelnen Aspekten erkennen, dass ein Weg hin zum Sanften Tourismus möglich ist. Die Anreise muss allerdings mit dem Flugzeug oder per Schiff erfolgen, kann dann aber auf der Insel sehr gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln bewältigt werden. Zu beliebten Nachbarinseln gibt es Fährverbindungen, hier muss man kein Flugzeug nehmen. Inzwischen gibt es viele Unterkunftsmöglichkeiten die von Einheimischen angeboten werden. Man kann also hinfliegen und sich vor Ort eine Unterkunft suchen. Wem das zu ungewiss ist, der versucht über das Internet ein Apartment direkt bei einem einheimischen Anbieter zu bekommen. Keinesfalls ist man heute mehr auf Pauschalangebote angewiesen. Gebaut hat man mit einheimischen Materialien sowie nach ökologischen Gesichtspunkten. Lediglich 50 Besucher kommen in die Anlage. Der einheimische Hotelchef betreibt eine authentische Küche, Mitarbeiter und Angestellte hat er aus hiesigen Familien rekrutiert. Damit können die Azorianer die Besucher nicht als störende Eroberer erleben, sondern als Leute, die ihre Lebensformen und Traditionen kennen lernen und erleben möchten. Aber an der wunderschönen Küste, an der der Hotelchef jeden Tag entlang radelt, will eine ausländische Investorengruppe einen neuen Hotelkomplex mit über 300 Betten hochziehen. Sanfter Tourismus hat es da schwer, aber auf den Azoren wird er versucht und wir als Touristen können uns überlegen, wie wir auf diese Entwicklung Einfluss nehmen können.