Flores liegt im Westen, tief im Westen. Die Insel, die ihren Namen dem üppigen Blumengarten zu verdanken hat, den die Natur auf ihr anlegte, markiert den westlichsten Grenzpunkt Europas. Gut 4.100 Einwohner leben auf der 16,6 Kilometer langen und 12,2 Kilometer breiten Insel der westlichen Azorengruppe, deren höchster Berg, der Morro Alto, sich 911 Meter über den Meeresspiegel erhebt.
Geschichte
Man schrieb das Jahr 1452, als portugiesische Seefahrer die Gewässer am westlichen Rand Europas erkundeten und auch die letzten Inseln der Azoren entdeckten. Flores und die knapp 18 Kilometer entfernte Insel Corvo am Rande des Archipels konnten jedoch nicht so leicht besiedelt werden wie die anderen Azoreninseln, da sie zum persönlichen Besitz des portugiesischen Königs Afonso V. erklärt wurden. Erst fast 30 Jahre später, um das Jahr 1480, kamen zum ersten Mal Siedler auf Flores an. Die Flamen unter der Führung von Wilhelm van der Haegen verließen das abgelegene Eiland jedoch bald wieder, da sie die Chancen einer wirtschaftlichen Entwicklung eher negativ beurteilten. Erfolgreicher war ab 1508 die Familie Fonseca, die der Insel in den Folgejahren zu ihrer ersten, auch wirtschaftlichen Blüte verhalf. In der Ruhe und Abgeschiedenheit der Randlage war das Leben nicht immer einfach. Die Bewohner fanden ihr Auskommen neben der Tuchherstellung mit Ackerbau und Schafzucht. Mit dem Fischfang war im Sommer ein weiterer Wirtschaftszweig vorhanden, der die Insulaner ernährte. 300 Jahre später, ab der Mitte des 18. Jahrhunderts, kamen die Walfänger aus England und Amerika. Sie nutzten Flores als Stützpunkt für ihre Flotten und gaben den Männern Arbeit auf ihren Schiffen. Der Erfolg der Walfänger führte dazu, dass auch auf Flores Anlagen zur Verwertung der Fänge und eine Walölfabrik eingerichtet wurde, deren Gebäude noch heute auf der Insel zu finden sind, Jahre nachdem der Walfang aufgegeben wurde.
Wasser findet seinen Weg
Die Bewohner setzen heute vielmehr auf die natürliche Schönheit ihrer Insel, die sie ihren Gästen gerne näherbringen. Idyllisch in Vulkankratern gelegene Seen, die von einer üppigen Pflanzenwelt mit vielen endemischen Pflanzen umgeben sind, begeistern Wanderer und Mountainbiker, die auf Flores erstklassige Bedingungen vorfinden. Pittoreske Wasserfälle und sanft dahinplätschernde Flüsschen, an deren Ufern sich Azaleen und Hortensien ausbreiten, lassen das Bild eines paradiesischen Gartens entstehen. Die Kaskaden sind aber nicht nur schön anzuschauen, sondern sorgen auch noch für die Stromversorgung der Insel. Mehrere Wasserkraftwerke wurden errichtet, die für eine nachhaltige und umweltverträgliche Energiegewinnung stehen. Besonders in der Gegend um Faja Grande – Fajazinha wird die grandiose Natur zur Bühne eines imposanten Schauspiels. Zwanzig Wasserfälle stürzen hier bis zu 300 Metern in die Tiefe und bilden am Fuße einer grünen Felswand kleine Seen, die das traumhafte Bild vervollständigen.
Die Natur als Bildhauer
Bizarre Felsformationen wie die einzigartig spektakulären Basaltsäulen der Rocha dos Bordoes bieten ein Naturerlebnis, das man so schnell nicht vergessen wird. Die von Moosen und Flechten bedeckten Felsen recken sich wie Orgelpfeifen dem Himmel entgegen und lassen den Betrachter ehrfurchtsvoll innehalten.
Von zahlreichen Aussichtspunkten hat man einen traumhaften Blick über die Insel und das Meer. So kann man zum Beispiel von der Vigia da Ponta Negra, die sich in der Nähe des Leuchtturms Farol do Albarnaz befindet, auf den der Küste vorgelagerten schwarzen Felsen IIlheu de Monchique und damit auf das westliche Ende Europas blicken. Die Küste von Flores mit ihren Buchten, Felsen, Wasserfällen und Landzungen gehört zu den schönsten Landschaften der Azoren. Sie wird von einigen Wanderwegen durchzogen, die nicht immer ganz leicht zu bewältigen sind, aber mit einzigartigen Ausblicken entschädigen, die man so schnell nicht vergessen wird.
Um einen Eindruck von der Einzigartigkeit der Küste von Flores zu bekommen, empfiehlt es sich, einen ausgedehnten Bootsausflug zu unternehmen, bei dem man die Vielfalt und Schönheit der Küstenlinie entdecken kann. Ein solcher Ausflug führt zudem in die Gruta dos Enxareus, die mit einer Länge von 50 Metern beeindrucken kann und ein ganz besonderes Erlebnis darstellt. Auch die kleine Nachbarinsel Corvo kann von Flores aus angesteuert werden. Die kleinste der azorischen Inseln bietet seinen Besuchern interessante Einblicke in das manchmal einsame Leben weitab des europäischen Kontinents.
Aktiv Entspannen
Neben Entdeckungstouren auf dem Wasser bietet Flores noch unzählige andere Möglichkeiten, einen Urlaub aktiv zu gestalten. Jäger und Angler finden auf der Insel ausgezeichnete Bedingungen, ihrem Hobby nachzugehen. Entsprechende Genehmigungen müssen jedoch zuvor beantragt werden. Nicht jagen, sondern beobachten ist sicherlich auch eine gute Alternative, die einzigartige Fauna der Insel zu erforschen. Zahlreiche Vogelarten haben Flores zu ihrer Lieblingsinsel erwählt und sind hier deshalb stets anzutreffen, andere benutzen Flores als Rastplatz und ziehen nach einiger Zeit wieder zurück in ihre amerikanische Heimat.
Wassersportler finden nicht nur im Meer Gelegenheit, ihrer Passion zu frönen. Auf Flores mit seinen zahlreichen Flüssen und Wasserfällen ist Canyoning sehr beliebt und recht verbreitet. Auch Anfänger können hier in Kursen die Faszination dieser naturverbundenen Sportart entdecken.
Kirche, Küche und Kultur
Bei einer Tour über die Insel sind die kleinen Dörfer und Städte oft schon von Ferne zu sehen, da in fast jedem Dorf ein imposanter Kirchturm den Weg ins Zentrum der Ansiedlungen weist. Ein besonders interessantes Beispiel findet sich in Santa Cruz das Flores. Die Kirche Igreja Matriz de Nossa Senhora da Conceição hebt sich mit ihrer außergewöhnlichen Architektur deutlich von den weltlichen Bauten der Stadt ab, die mit ihren verwunschenen Gassen und Straßen den Eindruck vermittelt, in einer anderen Zeit stehengeblieben zu sein. Wie auf allen Azoreninseln gibt es auch auf Flores ein Museum mit volkskundlichen Exponaten, das vom Leben und Arbeiten in vergangenen Jahrhunderten erzählt. Das ehemalige Franziskanerkloster in Santa Cruz beherbergt diese Sammlung, die durch Gegenstände des 1909 vor der Insel gesunkenen Dampfschiffes Slavonia erweitert worden ist.
Auch auf Flores hat der „Heilige Geist“, der Espirito Santo, sein eigenes Fest, in den Sommermonaten wird er mit Blumenbögen in den Straßen von Santa Cruz gefeiert. Dann ist die gesamte Bevölkerung auf den Beinen. Es wird getanzt, getrunken und natürlich hervorragend gegessen. Vorzugsweise kommen lokale Gerichte auf den Tisch, die wegen der großen Entfernung zu den anderen Inseln einige Besonderheiten aufweisen. Neben dem Fisch, der auf allen Inseln eine große Rolle in der Ernährung spielt, gibt es auf Flores so außergewöhnliche Dinge wie die Tortas de Erva-Patinha, ein Gericht, das ähnlich wie ein Omelett zubereitet und mit Meeresalgen angereichert wird.